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Erschienen am 13.08.2020 um 16:56 Uhr

Arbeit und Arbeitsplätze in der Zeitarbeit werden gut kontrolliert

Alle Einwände aus den Verbänden der Zeitarbeit wie auch von neutraler Seite haben nichts genützt. Wie zu erwarten war, hat Bundesarbeitsminister Heil mit Zustimmung der Bundesregierung einen neuen Gesetzesentwurf als Reaktion auf die massiven Corona-Ausbrüche bei fleischverarbeitenden Betrieben auf dem Weg gebracht. Der Gesetzentwurf sagt aus, dass ab dem 1.1.2021 nur noch inhabergeführte Betriebe mit eigenen Mitarbeitern Fleisch verarbeiten dürfen. Das bedeutet das Ende der Beschäftigung über Werkverträge und schwer zu kontrollierende Subunternehmen. Allerdings ist ab dem 1.4.2021 bei der Schlachtung, Zerlegung und weiteren Verarbeitung von Fleisch ebenfalls die Beschäftigung von Arbeitnehmern aus der Zeitarbeit untersagt. Dazu soll die Einführung einer digitalen Arbeitszeiterfassung sicherstellen, dass jede geleistete Arbeitsstunde auch abgerechnet wird. Die Kontrolldichte in den Betrieben soll zunehmen. Eine Zusammenarbeit verschiedener Unternehmen in Form zeitlich aufeinander abgestimmter Arbeitsabläufe wird ebenfalls untersagt. Dieses Gesetz soll für Betriebe mit einer Größe ab 50 Mitarbeitern gelten.

Zeitarbeit oder befristete Einstellung?

Die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den “Fleischfabriken” ist sicher ein äußerst wünschenswerter Vorgang. Aber der unbedachten oder vielleicht auch beabsichtigten Gleichsetzung der Beschäftigung über Werkverträge mit der Beschäftigung in der Zeitarbeit kann nicht oft genug widersprochen werden. Zum einen müssen hier die rein wirtschaftlichen Notwendigkeiten in der Branche angeführt werden. Die Fleischproduktion ist eine stark saisonal ausgerichtete Angelegenheit. Es kommt in der Nachfrage von Schweine-, Rind- und Geflügelfleisch zu starken Schwankungen. Das führt zu einer hohen Auslastung zu Spitzenzeiten, der regelmäßig ein gewisser Leerlauf folgt. Wenn den fleischverarbeitenden Unternehmen die Möglichkeit der Zeitarbeit zur Deckung der Auftragsspitzen genommen wird, werden sie den Weg der befristeten Einstellung von Mitarbeitern nehmen. Diese stehen nach Ende der Frist wieder beschäftigungslos auf der Straße, während der Mitarbeiter in der Zeitarbeit seine vertragliche Anstellung beim Personaldienstleister behält.

In der Zeitarbeit werden Mitarbeiter geschützt

Zum zweiten geht es um grundlegende Unterschiede in der Art des Beschäftigungsverhältnisses selbst. Um es in einem Satz zusammenzufassen: Bei der Gesetzgebung zur Zeitarbeit steht der einzelne Arbeitnehmer und sein Schutz im Mittelpunkt, bei der Gesetzgebung zu Werkverträgen geht es zentral um die Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistung. Die Arbeitnehmer sollen zwar alle Rechte aus dem Arbeitszeit-, Arbeitsschutz- und Mindestlohngesetz genießen, doch wurde deren Einhaltung in der Vergangenheit oft so wenig kontrolliert wie so oft unterlaufen. Stichwort überteuerter Wohnraum in Massenunterkünften und Lebensmittelkauf nur im eigenen Betrieb. Es ist eine Tatsache, dass nach jetzigem Kenntnisstand bei den Ausbrüchen des CoVid19-Erregers nur in einem Fall ein Superspreader den Erreger über eine unzureichend gefilterte Klimaanlage am Arbeitsplatz verbreitete, während in den anderen Fällen die engen Wohnbedingungen der Arbeitnehmer aus den Werkverträgen verantwortlich waren.

In der Zeitarbeit werden Mitarbeiter meist regional rekrutiert und eingesetzt. Viele Unternehmen bemühen sich z.B. auch durch das Anmieten von Wohnungen die Unterbringung der Mitarbeiter bei weiter entfernten Einsätzen zu gewährleisten. Wenn der Arbeitsweg und die Unterkunft genauso gut kontrolliert sind wie der Arbeits- und Gesundheitsschutz, sind massenhafte Infektionen auch kaum zu befürchten. Solche Kontrollen hat der Gesetzgeber im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz klar auf den Personaldienstleister geschoben, der bei Vernachlässigung auch zur Verantwortung gezogen werden kann. Die Unterschiede in der Ansteckungsrate bei beiden Beschäftigungsformen sind dementsprechend markant.

Klare Gesetzeslage bei der Zeitarbeit

Die Gründe für ein Verbot von Werkverträgen sind offensichtlich, wenn es um die Arbeitnehmer geht. Der beauftragende Unternehmer kann die Verantwortung für viele Rechte der Arbeitnehmer auf Subunternehmer abschieben, die ihrerseits wieder kaum greifbare weitere Subunternehmer vorschieben können. So zumindest beklagen es sowohl der Zoll wie die Arbeitsschutzbehörden. Dagegen sind bei der Zeitarbeit diese Verantwortlichkeiten klar geregelt und nachprüfbar verteilt. Das gleiche gilt für die Gleichbehandlung der Stammmitarbeiter und der nicht dem Unternehmen angehörigen Arbeitnehmer Ganz anders als bei den Mitarbeitern aus Werkverträgen sind Mitarbeiter aus der Zeitarbeit in den Arbeitsbedingungen und sozialen Vorteilen sowie nach einem geregelten Zeitraum auch bei der Bezahlung dem Stammpersonal gleichgestellt (Equal Treatment, Equal Pay). Und selbst, wenn sie anfänglich nur den Mindestlohn in der Zeitarbeit erhalten, ist dieser deutlich höher als der gesetzliche Mindestlohn. Denn zusätzlich zum gesetzlichen Schutz aus dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) kommt beim Großteil der Zeitarbeitnehmer noch der tarifliche Schutz hinzu, der in Tarifverträgen mit dem DGB und den großen Verbänden ausgehandelt wird. Zwei weitere Regelungen aus dem AÜG dienen dem Schutz der Zeitarbeitnehmer vor unkontrollierter Weiterverleihung und dauerhafter Benachteiligung. Verträge mit einem Entleiher müssen den Namen des Zeitarbeitnehmers schriftlich enthalten, die Höchstüberlassungsdauer ist auf 18 Monate begrenzt. Zwar sind beim Equal Pay und bei der Überlassungsdauer tariflich vereinbarte Abweichungen möglich, ihre Nichteinhaltung wird jedoch scharf sanktioniert.

Verbandsarbeit in der Zeitarbeit fördern

Es ist im Interesse der gesamten Branche der Zeitarbeit, dass der Gesetzgeber statt eines generellen Verbots der Zeitarbeit eher die Kontrollen verschärft und verbessert. So können nicht in den Verbänden organisierte schwarze Schafe besser lokalisiert und aus dem Verkehr gezogen werden. Wenige Ausnahmen schaden dem Ruf der gesamten Branche. Allerdings ist es unklar, ob die neuen gesetzlichen Regelungen Bestand haben werden. Schließlich liegen einige höchstrichterliche Beschlüsse vor. Das Bundesarbeitsgericht hat schon 2003 bestätigt, das die Zeitarbeit ein akzeptiertes Mittel des Personaleinsatzes ist. Und die Verfassungsrichter in Karlsruhe vertreten die Auffassung, dass ein Verbot von Zeitarbeit ohne schwerwiegende Gründe nicht zulässig ist. Ganz ähnlich liest sich das im Artikel 4 der Leiharbeitsrichtlinie. So urteilen zumindest die Professoren Düwell und Thüsing als Sachverständige in einem Beitrag in der Süddeutschen Zeitung. Es darf erwartet werden, dass iGZ und BAP als die beiden großen Verbände der Arbeitgeber in der Zeitarbeit den Weg nach Karlsruhe antreten werden. Selbst wenn der Anteil der Zeitarbeitnehmer gegenüber den Werkverträgen nicht besonders hoch war, und selbst wenn der Anteil der Zeitarbeitnehmer in der Fleischindustrie nur einen geringen Anteil in der gesamten Branche der Zeitarbeit hat - es geht um mehr. In der Wirtschaft wird bereits befürchtet, dass eine neue Verbotswelle entsteht. Der Verband der Automobilindustrie VDA beklagt sich nach Bekanntgabe des Kabinettsbeschlusses zum Arbeitsschutzkontrollgesetz, dass bereits eine Ausweitung des direkten Verbots von Werkverträgen und Zeitarbeit auf andere Branchen diskutiert wird. Beide Formen der Leistungserbringung seien unverzichtbar für die Automobilindustrie.

Stehen schon Schlupflöcher für Werkverträge bereit?

Im übrigen hat, wie zu erwarten, auch die fleischverarbeitende Industrie längst reagiert. Das hauptsächlich in die Kritik geratene Unternehmen hat jetzt 15 neue Tochterunternehmen gegründet, die zu 100% im Besitz bleiben. Einfacherweise werden diese Unternehmen mit demselben Namen, aber mit römischen Zahlen zwischen 1 und 15 bezeichnet. Begründet wird diese Maßnahme mit den unterschiedlichen Geschäftsbereichen und Gesellschaften, aus denen das Mutterunternehmen bestünde. Dass die Zahl der Mitarbeiter jeweils auf 49 begrenzt ist, wird von den Kritikern dieser Maßnahme, wie z.B. dem NGG-Gewerkschaftssprecher, natürlich nicht als Zufall angesehen. Das neue Gesetz zum Verbot der Werkverträge gilt zum Schutz des Fleischerhandwerks ja erst für Unternehmen ab 50 Mitarbeitern.

 

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