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Foto: (c) Galerie Gilla Lörcher
Erschienen am 06.03.2015 um 17:32 Uhr
Ab van Hanegem: Study for Position #4
21. Februar – 4. April 2015
Location 1: Galerie Gilla Lörcher | Temporary, Linienstr. 141, 10115 Berlin
Location 2: Galerie Gilla Lörcher | Contemporary Art, Pohlstr. 73, 10785 Berlin
Man sollte schwindelfrei sein, um in die malerischen Krafträume von Ab van Hanegem einzutauchen. Überdimensionierte Pinselstriche ziehen sich über Leinwände, Schläuche aus Farben scheinen zu explodieren, organische Formen in schwarz-weiß erinnern an kopierte Vorlagen architektonischer Elemente. Plötzlich, im Miteinander von Farben, Linien und Bahnen irritiert ein konkretes Farbfeld, das die 3D-Wirkung des Gesamteindrucks noch verstärkt. Schnell fühlt man sich als Betrachter mehr in als vor den Gemälden und unterwirft sich dem Strudel der verschiedenen Perspektiven. Überlagerungen von Farbbahnen führen dabei immer wieder in vermeintliche Sackgassen, doch der Künstler öffnet hier geschickt, und in seiner Malerei virtuos, sogleich ein Schlupfloch in eine nächste Dimension. So geht die Fahrt rasant weiter in eine Welt der Möglichkeiten und Illusionen, die für einen Augenblick ganz real erscheint. Mittendrin blitzt die Frage nach der Verortung des Individuums auf. Halt und Erdung bietet hier überraschender Weise das pointiert gesetzte Farbfeld. Ab van Hanegem kreiert in seinen jüngsten Gemälden einen Virtual Space, der die Illusion von Raum und Architektur in der Malerei bis an seine Grenze ausreizt.
Die komplizierten Linien-Arrangements öffnen einen Denkraum mit den Fragen nach dem Dahinter. Was liegt jenseits unseres Sehens und unserer Wahrnehmung? Die Überlistung des Sehens einhergehend mit der Betrachtung und Analyse mathematischer Phänomene der Topologie bilden den theoretischen Hintergrund in der Kunst von Ab van Hanegem. Angereichert mit einer subtilen Rhetorik künstlerischer Gegensätze von organisch und technisch, grafisch und gestisch oder expressiv und fotoreal gelingen ihm utopische Farbräume mit der Spannung von Distanz und Nähe, Vertrautem und Fremden.
In einer Reihe von schwarz-weiß Gemälden stellt der Künstler darüber hinaus unser Sehen noch weiter auf die Probe. Durch die alleinigen Farbabstufungen von Weiß und Schwarz wirken die expressiv-gestischen Bilder wie die fotorealistische Wiedergabe einer Abbildung oder schlicht wie eine schwarz-weiß Reproduktion eines seiner Gemälde. Unsere Seherfahrungen, mit dem Streben nach der Klassifizierung von Bildern, und somit ein Bereich des kollektiven Gedächtnisses, werden hier in die Irre geführt mit dem Gewinn einer erlebbaren visuellen Vielfalt in der Reduktion der Farben. Der Virtual Space mutet, ähnlich der eingeschriebenen Konnotation von schwarz-weiß Fotografien, in unserer farbendurchtränkten Welt eher wie eine Zeitreise in die Vergangenheit an. Doch wer weiß, ob die Zukunft wirklich farbig ist? Diese Voreingenommenheit durchbricht Ab van Hanegem noch einmal, wenn er die Illusion der Malerei in die reale Architektur überträgt und sich der Schwindel im Kopf als Täuschung enttarnt.
Text: Constanze Musterer, Kunsthistorikerin, Berlin
Ab van Hanegem (geb. 1960 in Vlissingen, NL) studierte an der Academie voor Beeldende Kunsten St. Joost (Breda, NL) und an der Rijksacademie (Amsterdam, NL). Er lebt und arbeitet in Amsterdam und Berlin. Ab van Hanegem erhielt ein Stipendium der Stiftung Vordemberge-Gildewart und wurde mit dem Charlotte Köhler Preis ausgezeichnet. Seine Arbeiten wurden in zahlreichen internationalen Institutionen und Galerien gezeigt, u.a. im Stedelijk Museum, Amsterdam, NL; Drawing Center New York, US; Van Abbe Museum, Eindhoven, NL; Centraal Museum Utrecht, NL; Museum De Beijerd, Breda, NL; Museum Wiesbaden, D; Kunsthalle Recklinghausen, D; Kunstverein Malkasten Düsseldorf, D; Kunstmuseum Heidenheim, D; Galerie Art & Project, Slootdorp, NL; Vous etes ici, Amsterdam, NL; Galerie Gilla Lörcher, Berlin, D. Er hat bereits auf der Art Cologne und der Art Brüssel seine Werke präsentiert und ist in vielen Sammlungen vertreten, z.B. KPN, Stedelijk Museum in Amsterdam, Centraal Museum in Utrecht, Collection Sanders in Amsterdam and Bouwfonds Nederlandse Gemeenten.
Galerie Gilla Lörcher
Pohlstraße 73
10785 Berlin
030-80613234
www.galerie-loercher.de
info@galerie-loercher.de
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